China-Monat | Oktober 2022

Zur Zeit leben ca. 10000 Leute chinesischer Abstammung in Hamburg und Umgebung. Sie arbeiten in den rund 550 hier ansässigen chinesischen Unternehmen, betreiben Restaurants und Geschäfte, forschen in Hochschulbetrieben oder studieren an den Unis.  Es gibt ein reges chinesisches Kultur- und Vereinsleben, was aber von den meistens Hamburger bisher weitgehend unbemerkt geblieben ist.

Grund genug für uns, die chinesische Kultur – eines der ältesten und hoch entwickelsten der ganzen Welt – im Rahmen unserer landeskundlichen Präsentationen einmal genauer zu betrachten. Und das nicht nur an einem Abend, sondern im Laufe eines ganzen Monats. Um die inhaltliche Ausgestaltung kümmerte sich der chinesische Akademikerverein Hamburg e.V. CAVH , bei der Planung und Organisation war die AGIJ behilflich.

Die chinesischen Wochen starteten am 6. Oktober 2022 mit einem eher „niedrigschwelligen“, aber doch recht unterhaltsamen Programmpunkt: Die Filmvorführung der Action Komödie Kung-Fu-Hustle, über einen Bandenkrieg, mit guten Schauspielern, gewaltigen digitalen und filmischen Effekten, mit Anklängen an die West-Side-Story und einer moralischen Botschaft für die Einsicht in das „Gute“. Der Film hatte in Asien großen Erfolg und war der bislang erfolgreichste Spielfilm in China. Wer es bisher nicht wusste: Das Wort „Kung Fu“ ist aus den Schriftzeichen Gōng ( 功, kung – „Errungenschaft, Leistung“) und Fū ( 夫, fu – „erwachsener Mann, reifer Mensch“) gebildet. Der zusammengesetzte Begriff hat in der chinesischen Philosophie eine über den Kampfsport weit hinausweisende, tiefergehende Bedeutung.

Das führt uns zu unserer zweiten Veranstaltung am 13.Oktober, einem Schnupperkurs in Chinesisch. Hier konnten die TeilnehmerInnen unter Anleitung der Lehrerin Xintong Sun nicht nur ihre ersten Wörter und Ausdrücke der chinesischen Sprache erlernen, sondern haben auch ihre ersten Schritte in die Welt der chinesischen Kalligrafie gemacht.

Wieviel Schriftzeichen gibt es überhaupt? Schwer zu sagen. Manche meinen zwischen 30.000 und 50.000, andere Schätzungen gehen bis zu 100.000. Klar ist, die chinesische Schrift funktioniert ganz anders als unser Alphabet. Ein Zeichen hat eine bestimmte Bedeutung, diese Zeichen werden aber noch zu bestimmten Bedeutungssträngen kombiniert. Nehmen wir z.B. yu (Sprache) und fa (Gesetz) – beides zusammen ergibt „Grammatik“ oder le (fröhlich) und guan (schauen) – beides zusammen bedeutet „optimistisch“. Und für jedes dieser Einzelbestandteile gibt es eben ein besonderes Symbol, kunstvoll zusammengesetzt aus allerlei Strichen. Die Lehre von dem Erstellen dieser Zeichen, die Kalligrafie, ist in Jahrtausenden entwickelt worden, sie erfordert viel Disziplin und Sinn für Harmonie. Dabei ist die Reihenfolge, in der die Striche gesetzt werden und die Richtung, in der man den Pinsel bewegt, von großer Bedeutung. Und genau das haben wir – in bescheidenen Ansätzen – natürlich – im Schnupperkurs ausprobiert. Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an die geduldige Lehrerin!

Einen Tag später schon, am 14. Oktober, stand die chinesische Küche auf dem Plan. Gut ein Dutzend jugendliche Hobbyköche hatten sich in der Küche der AGIJ getroffen, um unter Anleitung des Kurleiters Yichi Zhang köstliche nordostchinesische Gerichte zuzubereiten.

Es wurde erklärt, geschnippelt, ausprobiert, gekocht und natürlich auch gekostet. Aufmerksam verfolgten die Tn die Rezepte der traditionellen Gerichte Malaban, traditionellen Bibimbap, nordöstlicher Eintopf und Disanxian. Dazu gab es im Laufe des Abends wissenswerte Zusatzinformationen und Videos über die chinesische Gastronomie, über die Landschaften und die Landwirtschaft im Nordosten.
Die Jugendlichen haben diesen Kochkurs eng im Team zusammengearbeitet, haben sich ausgetauscht und viel Spaß gehabt. Kurz: Man hat das Kochen genauso genossen wie das Verspeisen der Mahlzeiten selbst. Wie heißt es doch so schön: Es gibt nur eine Sache, die besser ist, als gut zu essen – gut zu kochen.

Der große Chinaabend eine Woche später (21. Oktober) war sicherlich ein Höhepunkt der China-Wochen – ein bunter landeskundlicher Abend, der einen Einblick gab in die Bandbreite dieser faszinierenden Kultur, einen Überblick vermittelte über die Landschaften und die Geschichte des Landes und der sensibilisierte für die besonderen Gesellschaftsstrukturen und Traditionen. Hierzu gab es Vorträge, visuelles Material, Infostände, Live-Musik und sogar Vorführungen aus der Peking-Oper. Und die Besucher waren begeistert. 

Nicht von ungefähr war die Vertreterin des Konfuzius Instituts Hamburg e.V. unter den Gästen. Spielt doch „Konfuzius“ unter den Geistesgrößen der chinesischen Geschichte die herausragende Rolle und prägt das gegenwärtigen Selbstverständnis Chinas bis in die Gegenwart. Das zentrale Credo von Konfuzius: Der Mensch kann nur moralisch gut sein, wenn er sich in Harmonie mit dem Weltganzen befindet. Dies geht nur durch Ausgewogenheit und Mitte, durch Gleichmut und Ausgeglichenheit, durch Achtung des Anderen und durch Besinnung auf die guten Werke der Vorfahren. 

Es ist genau dieser Ansatz der Überwindung von Widersprüchen und der Erreichung von Harmonie, der sich wie ein Leitfaden durch vielerlei Bereiche der chinesischen Kultur zieht. So war dies auch der Leitfaden für die letzte Veranstaltung: der Tai-Chi Kurs am 28. Oktober. 

Viele Menschen kennen als typisch chinesische Sportart eher Kung Fu. Mit ihrer Schnelligkeit und spektakulären Körperbeherrschung gilt diese Sportart vielen Jugendlichen als besonders cool. Tai Chi hingegen setzt ganz andere Schwerpunkte. Das Besondere liegt hier in der Kombination und Ausgewogenheit der Elemente „Yin“ und „Yang“ – die starke Seite und die weiche Seite, die schnelle Form und die langsame Form. Beim Üben von Tai Chi sollte man nicht auf schnelle Erfolge aus sein, sondern das Training ruhig und entspannt absolvieren. 

Zu Beginn der Veranstaltung zeigten Frau Xu vom Hamburger China Kultur Sport e.V. und mehrere Mitglieder des Chinesischen Akademikervereins eine Tai-Chi-Vorführung. Die Besucher konnten dann einige der Übungen praktisch nachvollziehen. Die Bewegungen scheinen einfach zu sein, tatsächlich ist es schwierig, das Gleichgewicht des Körpers zu kontrollieren und dabei die so typische Leichtigkeit und Schönheit dieser Sportart zu transportieren. Auf jeden Fall war dieser Abend ein großer Gewinn und man bekam eine ganz neue Sichtweise für das Zusammenspiel von Körper und Geist, von Physis, Intellekt und Emotion.


Die Kulturen der Welt sind vielfältig, anregend und spannend. Durch aktuelle politische Ereignisse werden wertvolle Kulturen leider häufig verschattet. Die China-Wochen haben uns gewinnbringende Einsichten vermittelt und einmal mehr dazu ermutigt, mit unseren landeskundlichen Aktivitäten weiterzumachen. Wir freuen uns darauf.

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